Die Vorfälligkeitsentschädigung ist auf 0,5 % der Restschuld begrenzt.
Eine Bonuszahlung oder eine Erbschaft steht an: Eine gute Gelegenheit, einen Kredit vorzeitig abzulösen und dadurch Zinsen zu sparen – wenn da nicht die Vorfälligkeitsentschädigung wäre. Vorfälligkeitsentschädigungen fallen bei manchen Krediten an, wenn Sie diese früher zurückzahlen möchten als geplant. Üblich ist sie vor allem bei Darlehen für Immobilien, aber auch gängige Ratenkredite können eine solche Vereinbarung beinhalten.
Wenn Sie die vorzeitige Kündigung eines Kreditvertrags in Betracht ziehen, sollten Sie daher genau prüfen, ob eine Vorfälligkeitsentschädigung vorgesehen ist und wie hoch sie ist. Nur so können Sie berechnen, ob die frühere Ablösung sich trotzdem lohnt. Hier erfahren Sie genau, wie Sie vorgehen.
Die Vorfälligkeitsentschädigung können Sie sich wie eine Art Schadensersatzanspruch des Kreditgebers vorstellen. Wenn Sie einen Kreditvertrag abschließen, rechnet die Bank mit einem bestimmten Gewinn an Zinsen, die Sie über die Laufzeit des Kredits zahlen werden. Wenn Sie den Kredit nun vorzeitig kündigen, sparen Sie dadurch Zinsen – die Bank verliert hingegen Geld, mit dem sie rechnen durfte.
Um diese Differenz auszugleichen, darf die Bank bei einer vorzeitigen Kündigung eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Sie wird vertraglich vereinbart, sodass die Höhe aus dem Kreditvertrag genau hervorgehen sollte. Außerdem gibt es gesetzliche Regelungen. Das Kreditinstitut darf also nicht unbegrenzt hohe Kosten fordern, sondern die Vorfälligkeitsentschädigung soll lediglich das Risiko der vorzeitigen Rückzahlung abdecken.
Für Ratenkredite ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) genau festgelegt, wie hoch die Vorfälligkeitsentschädigung maximal sein darf:
Die Vorfälligkeitsentschädigung ist auf 0,5 % der Restschuld begrenzt.
Die Bank darf vom Kreditnehmer höchstens 1 % der verbleibenden Restschuld fordern.
Aufgrund dieser Regel fällt die Vorfälligkeitsentschädigung in vielen Fällen geringer aus als die Kosten, die für Zinsen während der verbleibenden Laufzeit entstanden wären. Daher ist es oft trotzdem sinnvoll, einen Ratenkredit vorzeitig abzulösen. Achtung: Ratenkredite, die vor dem 11.06.2010 geschlossen wurden, sind von dieser Regelung ausgenommen. Anders sieht das bei Immobiliendarlehen aus. Hier erfolgt die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nach einer von zwei Methoden:
Diese Methode basiert darauf, dass die Bank das Geld, das sie als Restschuld zurückerhalten hat, (zumindest hypothetisch) am Kapitalmarkt anlegt. Es wird berechnet, welche Rendite die Bank damit über die restliche Laufzeit erwirtschaften könnte, und diese Rendite wird von den entgangenen Zinsen abgezogen. Der Kreditnehmer muss nur die Differenz zahlen.
In diesem Szenario geht man davon aus, dass die Bank das vorzeitig zurückerhaltene Geld an einen neuen Kreditnehmer verleiht. Im Idealfall entstehen dem Kreditnehmer so keine Kosten. Ist der Zinssatz aber inzwischen gesunken und kann die Bank daher weniger Zinsen erwirtschaften, muss der Kreditnehmer für die Differenz aufkommen.
Gerade bei hohen Kreditsummen, wie sie bei Darlehen für Immobilien üblich sind, können Vorfälligkeitsentschädigungen teuer werden. Das Portal Finanztip ermittelte Werte von 6–7 %¹. Im Gegensatz dazu sind sie selbst bei 50.000-€-Ratenkrediten auf 1 % bzw. 0,5 % gedeckelt.
Zunächst gilt es zu überprüfen, was im Darlehensvertrag steht: Es besteht die Möglichkeit, dass gar keine Vorfälligkeitsentschädigung vereinbart wurde. Bestimmte Kredite wie beispielsweise der Rahmenkredit können jederzeit flexibel zurückgezahlt werden – ganz oder in Teilen. Steht eine Vorfälligkeitsentschädigung im Vertrag, gibt es dennoch einige Möglichkeiten, die Sie prüfen können:
Bei Krediten mit langer Zinsbindung (in der Hauptsache Immobilienkredite) steht Ihnen nach 10 Jahren einmalig ein Sonderkündigungsrecht zu, auch wenn die Zinsbindungsfrist darüber hinausgeht. Wichtig: Auch in diesem Fall müssen Sie die im Vertrag vereinbarte Kündigungsfrist einhalten.
Wenn die Widerrufsbelehrung fehlt, können Sie rechtlich gegen den Vertrag vorgehen. Das Verfahren kann jedoch aufwändig sein und empfiehlt sich eher für Rechtsschutzversicherte.
Seit dem 21.03.2016 gilt, dass Banken über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung klar informieren müssen. Haben Sie Ihren Kredit nach diesem Datum abgeschlossen und sind die Angaben unklar, können Sie dagegen vorgehen (siehe dazu das Urteil Az. 17 U 810/19 des Oberlandesgerichts Frankfurt²).
Nicht zuletzt können Sie versuchen, mit der Bank eine einvernehmliche Lösung zu finden. Finden Sie außerdem heraus, ob eine kostenlose Sondertilgung möglich ist. Dadurch reduziert sich die Restschuld und damit auch die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung. Sondertilgungsrechte sind jedoch nicht selbstverständlich und müssen für die Finanzierung explizit vereinbart worden sein.
Auch wenn Kosten für die vorzeitige Ablösung des Kredits entstehen, kann das Vorgehen sinnvoll sein. Insbesondere bei Ratenkrediten, wo die Vorfälligkeitsentschädigung gedeckelt ist, lassen sich Kosten sparen, wenn Sie stattdessen einen günstigeren Kredit mit niedrigeren Zinsen ergattern. Beim Neuabschluss können Sie ggf. auch eine längere Laufzeit wählen, so die Raten senken und dadurch finanziellen Spielraum schaffen.
Ein weiteres oft lohnenswertes Vorgehen ist die Umschuldung. Indem Sie mehrere Kredite ablösen und zu einem einzigen zusammenfassen, gestalten Sie Ihre finanzielle Situation übersichtlicher und können nebenbei Ihren SCHUFA-Score verbessern. Auch hier gilt es aber zu beachten, welche Vorfälligkeitsentschädigungen für die einzelnen Kredite anfallen.
Tipp: Fordern Sie von der Bank eine genaue Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zum gewünschten Stichtag an. Auf dieser Basis können Sie einsehen, welche Kosten entstehen und ob es sich lohnt, den Vertrag vorzeitig zu kündigen.
¹ Quelle: https://www.finanztip.de/baufinanzierung/vorfaelligkeitsentschaedigung/, Abruf 07.02.2023
² Quelle: https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE200001161, Abruf 07.02.2023